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Das Forscherdrachenexperiment IV

Ein Groteskum! Vedi hatte die Augen weit aufgerissen und spie vor Aufregung Feuer.
Das wiederum verstörte die Takimären und sie sprangen auf.
Platz, ihr dummen Viecher!, schickte Vedi eine deutliche telephatische Botschaft, unterstrichen mit einem magischen Schlag für beide Tiere. Die wimmerten kurz und legten sich dann wieder brav hin.
Vedi indessen wandte seine gesamte Aufmerksamkeit nun dem nahenden Ungetüm zu, welches mit voller Geschwindigkeit direkt auf das Versuchsgelände zuhielt. Noch betrug der Abstand gut 100 Meter, doch er verkürzte sich zusehends.
Das Wesen war unverkennbar aus mehreren Rassen zusammen gemengt und lief auf allen Vieren. Seine Hinterbeine waren die eines mächtigen Bullen, während seine dicht behaarten Vorderbeine menschlichen Armen glichen und dann in mehr-fingrige Krallen übergingen. Der lange Rücken verhinderte einen aufrechten Gang und zwei grotesk kleine Drachenflügel flatterten nutzlos im Rhythmus der Bewegung. Der Hals wiederum erinnerte an den eines Pferdes und aus dem großen, leicht länglichen Kopf wuchsen vier lange Hörnern hervor. Das Gesicht selbst wirkte fast menschlich, hatte aber eine deutlich vorgeschobene Kinnpartie.
Der Forscherdrache erkannte bei der Geschwindigkeit und auf die Entfernung hin nicht jedes einzelne Detail, doch eines war klar. Dieses Wesen hier war eindeutig ein Groteskum. So bezeichnete man eine missglückte Hybridenzüchtung. Derartige Kreationen waren meist einzigartig und darüber hinaus äußerst wild und unberechenbar. Sie waren mächtig, denn wie sonst hätten sie viele Jahre überleben können. Die Hochzeit der Hybridenzüchtung war inzwischen schon lange vorüber und zurzeit beschäftigte sich keiner der Magier mehr mit diesem Thema. Hatten diese Experimente letztendlich doch nur zu größeren Problemen geführt, anstatt zu vernünftigen Lösungen.
Zunächst sah Vedi nur sein Experiment gefährdet, doch es kam noch schlimmer. Denn nun erkannte der Forscherdrache, weswegen dieses Groteskum so schnell rannte und voller Entsetzten schlug er die Hände über seiner Schnauze zusammen.
Oh nein! Das Fluffel. Dieser Widerling hetzt mein Fluffel! Ich muss es retten! Ich muss! Dann war es höchste Zeit einzuschreiten und Vedi reagierte. Er übernahm die geistige Kontrolle über sein Lieblingshaustier. Von Natur aus sind Drachen starke Telepaten und der Forscherdrache war im Kreis Silber obendrein gut bewandert. Nun steuerte er das kleine blaue Fellknäuel aus einer übergeordneten Perspektive. Er huschte mit dem Fluffel durch einen mageren Busch und wechselte dann sofort die Richtung. Das Groteskum walzte den Strauch einfach nieder und rannte geradeaus weiter. Doch als es merkte, dass es seine Beute verloren hatte, wurde es langsamer und sah sich um. Leider bot die karge, steinige Landschaft wenig Versteckmöglichkeiten und das Groteskum entdeckte das Fluffel umgehend und nahm erneut die Verfolgung auf. Das Fluffel schlug Haken und nutzte jeden größeren Stein auf seinem Weg als Deckung, doch das Monster blieb ihm auf den Fersen. Da war Vedi klar, es gab nur einen Ausweg – doch der verlangte ein Opfer.
Die Forschungsobjekte oder das Fluffel. Eines von beiden muss ich opfern. In diesem Fall kann ich nicht anders. Die Forschungsobjekte sind eine schützenswerte Spezies und man darf sie nicht in Gefahr bringen, doch mein herzallerliebstes Fluffel rechtfertigt jedes Opfer.
Daraufhin lenkte Vedi das Fluffel direkt auf die Oase zu. Auf dem Sandstreifen holte das Groteskum auf und schon schoss seine Kralle nach vorne. Um ein Haar hätte es das Fluffel erwischt. Doch ein verzweifelter Sprung zur Seite rettete es und dann tauchte es im Dickicht der Pflanzen unter. Nach einen mehrere Schritt breiten Grünstreifen kam das sandige Ufer und danach die glatte Wasseroberfläche. Auf der gegenüberliegenden Seite des Teiches standen die nichtsahnenden Forschungsobjekte und unterhielten sich.
Das Groteskum bahnte sich seinen Weg, indem es die Pflanzen brutal beiseite schlug. Dabei reckte es seinen Kopf hierhin und dorthin und sog witternd die Luft ein. Das Fluffel verharrte indessen starr unter einem großen Blatt und sein Herz klopfte wild.
Dann hatte das Monster das Ufer erreicht und plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit abgelenkt. Es hatte die Zweibeiner entdeckt, woraufhin es seine Jagd nach dem Fluffel vergaß und Vedi atmete auf.
Gut, das Fluffel ist gerettet. Vorsichtig trippelte das blaue Fellknäuel immer auf Deckung bedacht von einem Busch zum nächsten. Als Vedi sich sicher war, aus dem Sichtfeld der Bestie heraus zu sein, dirigierte er sein Streicheltier zurück zu seinem Versteck. Dann wandte er sein Augenmerk wieder dem Versuchsgelände zu.
Wir haben verräterische Magie benutzt, doch mit etwas Glück, schreiben die Forschungsobjekte dies dem Groteskum zu. Das Experiment läuft somit weiter. Auch verwerfe ich meine anfänglichen Bedenken über die Gefährdung der Forschungsobjekte. Einstufung des Gefahrenpotentials – gering. Forschungsobjekt Nr. 0,001 ist schließlich ein versierter Magier – so hörten wir und wird diese niedere Lebensform sicherlich in Zaum halten können. Aufzeichnungs-Anmerkung: Durch das Auftauchen einer nicht einkalkulierten Lebensform verändert sich das Experiment und neue Fragestellungen können überprüft werden. Wir beobachten gespannt, was nun passiert.
Das Groteskum starrte zu Meister Savyen und Astarion hinüber. Die beiden Menschen waren durch das Geräusch der brechenden Zweige aufmerksam geworden und sahen nun direkt zu der Bestie hinüber.
Bei dem Anblick hatte Astarion seine Sandburgen ganz vergessen und der Baumeisterhut war ihm vom Kopf gerutscht.
Geifernd stand dieses seltsame Wesen da und zwischen ihnen lag nur dieser schmale Streifen klaren Wassers. Das Biest sah gefährlich aus, weswegen Astarion ganz unbewusst Meister Savyens Nähe suchte. Doch Astarion bemerkte auch, dass das Wesen ein geradezu menschliches Gesicht hatte. Das verwirrte ihn.
„Was ist das für ein Tier?“, fragte er ängstlich und Meister Savyen antwortete:

1. Eines meiner Experimente... ist schon lange her.
2. Nur ein dummes Monster aus der Niederhölle
3. Ein Hybrid aus Adors Labor.
4. Woher soll ich das wissen? (Vielleicht weiß der Leser etwas mehr)

Nächsten Freitag bin ich nicht da und darum wird die Fortsetzung später folgen.