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Das Forscherdrachenexperiment Teil II

Der Sicherheitsalarm schrillte los. Einer von vielen. Irgendwo in der näheren Umgebung gab es gerade größere magische Schwankungen und darüber setzte dieses penetrante Pfeifen Meister Savyen gerade in Kenntnis. Der alte Wassermagier saß in einem Polstersessel und lehnte sich nun mit einem Seufzer zurück.

„Augenblick, kleiner Astarion, ich erkläre dir das gleich. Der gute Meister Savyen muss sich nur noch schnell um etwas kümmern.“

Zunächst stellte der Herr von Draegnok das lästige Pfeifen aus und dann delegierte er alles Weitere an seine Untergebenen. Wofür hatte man schließlich Magier in Ausbildung. Genau, damit man sich als honoriger Turmherr nicht um jeden Blödsinn persönlich kümmern musste. Seit die Barriere des Nimrods gefallen wahr, tauchten öfter mal ungebetene Gäste auf der Insel auf. Irgendwelche abartiges Viehzeugs, welches dem Irrglauben erlag, es könne hier eine neue Heimat finden. Darum maß Meister Savyen dem Alarm auch keine größere Bedeutung bei und nun würde sich sein Meisterschüler Nethal darum kümmern.

Meister Savyen richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Urenkel und versuchte sich an einem Lächeln, doch richtig freundlich wirkte das nicht. „Also Astarion, ich erkläre dir das jetzt mit deinem neuen Namen. Deinem richtigen Namen. Gamrock...“ „Gannok. Es heißt Gannok“, entrüstete sich der kleine Junge, auch wenn der alte Magier ihm Angst einflößte. „Jungspund, merke dir, wenn die Erwachsenen reden, dann schweigst du.“ Aber er ist doch nur ein Erwachsener. Trotzdem hielt Gannok es für klüger hier einzulenken: „Ja, Großvater Meister Savyen.“ Der alte Wassermagier wollte, dass ihn Gannok so nannte, obwohl Eryn immer gesagt hatte, dass Meister Savyen sein Urgroßvater sei. Aber wenn Gannok eines bereits gelernt hatte, dann dass man Großvater Meister Savyen nicht widersprach. Dann regnete es nämlich nasse Fische auf die Wange. So zumindest fühlte sich das an, auch wenn einen keine echten Fische trafen.

Nun nickte Meister Savyen wohlwollend und kam auf sein ursprüngliches Thema zurück: „Also du heißt fortan Astarion und diesen heidnischen Namen kannst du getrost vergessen. Der wurde nämlich bloß von niederen Hybriden erdacht und nicht am Tage deiner Geburt durch die Runen ermittelt. Die Götter haben keinen Einfluss auf die Magie, doch in manchen Momenten des Lebens haben sie ihre Hand im Spiel. Vor allem bei der Namensgebung gilt es die althergebrachten Traditionen zu achten. Darum habe ich die Runen geworfen und die Götter gaben dir den Namen Astarion. „Ja, Großvater Meister Savyen“, stimmte Gannok, der nun Astarion hieß, brav zu, obwohl er das Ganze nicht so richtig verstand. Mussten die Runen nicht zu seiner Geburt geworfen werden? Wie konnte Meister Savyen sie dann so viele Jahre später werfen und trotzdem den richtigen Namen herausbekommen. Die Runen lagen sogar noch schön aufgereiht vor ihnen auf dem Tisch und bei genauerem Hinsehen schien das O in Astarion in Wahrheit mehr ein G zu sein. Astarign? Das klingt echt doof. Da ist Astarion viel besser, wenn ich jetzt schon anders heißen muss. Vielleicht ist es auch nur ein sehr hässliches O. Wer kann das schon so genau wissen?

Während Meister Savyen in das wichtige Gespräch mit Astarion vertieft war, kümmerten sich seine Untergebenen um die Ursache des Alarms. Und weil Meister Nethal mit einem Experiment beschäftigt war, welches er ungern unterbrechen wollte, delegierte er die Aufgabe gleich an das unterste Glied in der Hierarchiekette weiter. Aspirant Fingold war vor drei Jahren ganz frisch aus Aleroth gekommen. Dort hatte er mit hervorragenden Zensuren und einer fetten Ader Blau geglänzt. Das machte ihn zum idealen Anwärter für Draegnok, doch Meister Savyen eilte ein gewisser Ruf voraus, weswegen Fingold etwas Zeit gebraucht hatte, um sich tatsächlich für den Blauen Turm zu entscheiden. Letztendlich stellte sich dann das Ganze als gar nicht so schlimm heraus, denn mit Meister Savyen hatte der Magieranwärter recht wenig zu tun. Er ging überwiegend Meister Nethal zur Hand und wenn der ihn nicht brauchte, dann den anderen Magiern im Blauen Turm.

„Fingold, geh nach draußen und sieh nach, was da den Alarm ausgelöst hat. Vor hier aus ziemlich gerade zwei Kilometer in Richtung Osten. Wahrscheinlich irgendeine Nimrodbestie. Also mach das Tier ausfindig, und dann komm zu mir zurück. Hast du verstanden? Du unternimmst selbst nichts. Das ist noch eine Nummer zu groß für einen Anwärterfrischlich wie dich.“ „Ja, Meister Nethal“ Fingold verbeugte sich und ging. Als Meister Nethal sich wieder seinem Experiment zuwandte, vergaß er darüber Fingold gänzlich. Erst als dieser ganz außer Atem in der Tür stand, erinnerte er sich wieder. „Und was ist es?“ „Da ist eine Wüste, in einem Bereich von gut 50 Meter im Durchmesser“, platzte Fingold hervor und Meister Nethals Miene wurde bedenklich: „Eine Verwüstung über 2500 m²!? Das muss was größeres sein. Hast du die Bestie scannen können? Ist sie noch dort?“ „Ähm, nein Meister. Ihr missversteht mich. Das ist eine richtige Wüste mit Sand und Palmen und einem kleinen Teich. Sonst nichts. Da ist weit und breit kein fremdes Lebewesen nur eben diese Wüste.“ „Mal abgesehen davon, dass das, was du da gerade beschreibst, eine Oase ist, klingt das ziemlich absurd. Wo soll diese Wüste denn herkommen? Etwa eine unglaublich seltene Wetteranomalie mit Geländeformwechsel. Das ist doch lächerlich.“

Aber Fingold sah nicht so aus, als ob er einen Witz gemacht hätte. Außerdem hätte er sich dergleichen ohnehin nicht getraut. „Ich wollte Euch gleich von dort aus telephatisch informieren, konnte Euch aber nicht erreichen, dann hättet Ihr es Euch mit eigenen Augen ansehen können“, rechtfertigte sich der Magieranwärter und Meister Nethal seufzte hörbar. Das stimmt, er konnte mich nicht erreichen, weil ich mich auf mein Experiment konzentrieren wollte, darum habe ich solch störende Magie gleich im Ansatz abgeblockt. Ich frage ihn jetzt nicht, ob er eine Aufzeichnung gemacht hat. „Ich schicke ein Auge hin.“ Kurze Zeit später hatte Meister Nethal Gewissheit. „In der Tat eine Art Oase mitten hier an der kalten Westküste. Das ist rätselhaft.“

Und wie jedes Problem, das unerklärlich und unlösbar war, fand es seinen Weg zu Meister Savyen. Der sah nach der Erklärung genauso erstaunt aus, wie Meister Nethal zuvor und natürlich schickte auch er ein Auge auf Reisen, um diese absurde Behauptung auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.

Als feststand, dass es da wirklich eine Oase mitten in der kargen, kalten Felslandschaft gab, meinte Meister Savyen: „Das ist seltsam. Weitere Untersuchungen sind unumgänglich.“

Aber wen sollte der Herr von Draegnok mit dieser Aufgabe betrauen.

- Ich gehe selbst, weil nur ich richtig mit der Magie umgehen kann
- Meister Nethal, weil der in der Lage ist, auch schwierigere Probleme gefahrlos zu meistern.
- „Ach was, ungefährlich. Ich schicke Fingold. Dann muss die Landratte wenigstens nicht in die Nähe von Wasser.“
- „Eine Oase ganz aus dem Nichts. Das ist Kindersache. Ich schicke Astarion.“

Hier ist die Entscheidungsfrage für die Leser. Wer aus dem Blauen Turm soll dem Rätsel auf den Grund gehen?